Interview
Tobaccoland im Wandel
Trafikanten Zeitung: Herr Knapp, erstmal Glückwunsch für die kommende schöne Zeit.
Manfred Knapp: Danke, nehme ich gerne an!
Wie geht es Ihnen dabei? Fällt es Ihnen jetzt schwer, den Abschied zu nehmen? Oder ist es genug und jetzt geht es in die Freizeit?
Genug würde ich so nicht ausdrücken. Mir hat die Arbeit immer Spaß gemacht und bin seit 33 Jahren wirklich mit der Firma verbunden. Wir haben auch gemeinsam mit dem Team wirklich etwas weitergebracht. Aber ich freue mich trotzdem sehr auf das nächste Kapitel in meinem Leben. Ich habe zwar geglaubt, dass es mehr Emotionen geben wird, doch es ist komischerweise Business as usual. Das hat auch damit zu tun, dass Jürgen Klampfer seit 1. Juli bei uns im Haus ist und das Ruder bereits übernommen hat. Gemeinsam mit mir.
Weil Sie 33 Jahre im Unternehmen angesprochen haben, auf welche Meilensteine oder Ihre persönlichen Karriere-Highlights sind Sie besonders stolz?
Ich würde eher auf die kurzfristige Vergangenheit zurückblicken. Da haben wir gemeinsam mit dem Team schon einiges geschafft. Wir haben zum Beispiel Tobaccoland sehr gut durch die Covid-Zeit gesteuert. Wir haben Track & Trace sehr gut über die Bühne gebracht. Und wir haben vor einem Jahr mit dem Bau in Gumpoldskirchen begonnen.
Wann ist es denn jetzt tatsächlich so weit mit dem Umzug?
Jürgen Klampfer: Wir haben jetzt im August die Bauphase 1 abgeschlossen. Bauphase 2, das heißt Hochregallager und die technische Ausstattung innen, wird so bis zum ersten Quartal 2025 abgeschlossen sein. Es war immer unser Bestreben, dass wir mit der Testphase im Frühjahr 2025 beginnen können. Wir planen dann für den Juni 2025 die Übersiedlung des gesamten Bürogebäudes. Es wird im September oder Oktober voraussichtlich einen Parallelbetrieb geben, wo wir einen LKW nach dem anderen langsam von Ottakring nach Gumpoldskirchen umleiten.
Wird der neue Standort auch in der Strategie des Unternehmens etwas ändern? Oder für die Trafikanten?
Grundsätzlich wird sich nichts ändern. Wir werden eine State-of-the-Art-Logistik haben. Wir haben dort höhere Lagerkapazitäten. Das Hochregallager wird die Lagerkapazität um 50% erweitern. Und wir haben einen State-of-the-Art-Humidor für Zigarren. 380 Quadratmeter, gemeinsam mit dem deutschen Humidor-Papst Marc André entwickelt. Wir sehen natürlich auch die Möglichkeit mit bestehenden und neuen Partnern weitr zu wachsen. Insbesondere um das Gesamtsortiment in allen Preisklassen der Zigarre abdecken zu können. Aber auch beim Non-Tobacco, vor allem bei den Nikotin-Pouches – da haben wir jetzt Killa neu im Sortiment. Wir haben uns auch auf der InterTabac-Messe über das Angebot und über mögliche neue Partner informiert. Wir sind sehr zuversichtlich, dass wir den österreichischen Markt noch mit neuen Produkten bereichern können.
Bei Zigarren gab es heuer einige Erfolge. Die Auszeichnung von Promocigar, und jetzt auch vor kurzem die Auszeichnung für Nancy Friedenthal. Ist Österreich ein Zigarren-Vorzeigemarkt?
Ich glaube schon, dass Österreich ein Zigarren-Vorzeigemarkt ist. Wenn es irgendwo am globalen Markt Verfügbarkeitsengpässe gibt, kommen wir als Tobaccoland aufgrund unserer Kundenbeziehungen trotzdem noch zu Kontingenten. Wenn man im internationalen Umfeld Österreich mit anderen europäischen Marktmärkten vergleicht, dann sind wir sicher an der Vorfront. Das geht auch Hand in Hand mit dem, was Manfred angesprochen hat, die Track & Trace-Einführung in Österreich. Wir haben über 600 Zigarren-SKUs, bei 120 werden wir in der Zukunft das Track-and-Trace selbst machen, als Importeur, weil einfach speziell auch die Havannas oder andere Großkunden nicht in der Lage sind, dieses durchzuführen. Und da übernimmt Tobacco als Importeur die volle Track-and-Trace-Verantwortung und Dokumentationspflicht, um hier das Produkt überhaupt weiterhin im Markt halten zu können.
Weil Sie auch die Non-Tobak-Produkte angesprochen haben: steht das viel besprochene Thema Harm-Reduction auch auf der Agenda?
Absolut. Tabak ist klarerweise der Schwerpunkt hier, aber man muss natürlich die neuen Produkte, die Pouches genauso wie die Dampfer, auch berücksichtigen.
Ist das etwas, wo Tobaccoland jetzt verstärkt Engagement zeigt?
Wir sehen natürlich, dass die Harm-Reduction-Produkte auch ein lukratives Geschäftsfeld sind. Und wir merken, dass der Kundenwunsch auch in diese Richtung geht. Wir haben wie gesagt Killa ins Portfolio geholt. Wir sind bei den Podsystemen überall vertreten und wir haben jetzt auch auf der Messe noch einmal einige neue angesprochen. Wir sehen, dass der Tabakmarkt als solcher ja leicht rückläufig ist, das konnte Herr Knapp mit seiner Strategie bisher mit dem Non-Tabak-Wachstum sehr gut kompensieren. Das wollen wir in diesem Sinne weiterführen. Darüber hinaus sind auch zwei andere Säulen für uns wichtig.
Eine sind die Automaten. Wir sind mit über 50 Prozent der traditionellen Zigarettenautomaten der Marktführer. In den letzten Jahren ist es zu einer Konsolidierung der Automaten gekommen, wir haben jedes Jahr cirka so viele Trafiken verloren, wie neue Automatenstandorte dazugekommen sind – eben dislozierte Automaten. Auch hier in Wien. Das Trafiken-Universum ist rückläufig, die Automaten steigen Jahr für Jahr. Wir liegen gesamt irgendwo bei 11.400 gesamt. Und im ländlichen Bereich, wo diese kleinen Trafiken wegfallen, kommen immer mehr Spiralautomaten. Das ist eine Aufgabe, die ich mir gestellt habe: Wir sind der Marktführer bei den Standardgeräten, in den nächsten Jahren wollen wir auch der Marktführer bei den Spiralautomaten sein. Wir haben hier auch schon einen Schulterschluss mit unserem Partner Easy-Vending, um zukünftig gemeinsam verstärkt den Markt der Spiralautomaten zu bearbeiten.
Und dan gibt es noch unsere Kassensysteme, CWL. Hier hat auch der Herr Knapp mit seinem Team bereits die Vorarbeit geleistet, wo wir jetzt die Ernte einfahren dürfen. Es wurde hier ein komplettes neues Warenwirtschaftssystem programmiert, das wir demnächst dem Handel vorstellen werden.
Und wie verträgt sich das jetzt alles unabhängig davon mit der Strategie von JTI selbst?
Ich habe eine einfache Antwort für Sie. So wie in den letzten 240 Jahren. JTI hat eine eigene Strategie, Tobaccoland hat seine Strategie und JTI ist einer unserer Partner. Und ob das Promocigar ist, ob das Killa ist, ob das Imperial mit Skruf ist oder ob das JTI mit einem Produkt ist. Wir reden mit allen unseren Partnern und versuchen alle Anforderungen in unser neues Konzept hineinzupacken.
Wir sind der Marktführer bei den Standardgeräten, in den nächsten Jahren wollen wir auch der Marktführer bei den Spiralautomaten sein.
Zurück zum neuen Standort Gumpoldskirchen: wie war es da mit der Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsgedanken?
Wir haben einen wesentlichen Schwerpunkt auf die Bodenversiegelung, die ja jetzt aufgrund der Überschwemmungen in aller Munde ist, gelegt. Das heißt, wir haben wirklich versucht, die Parkplätze nicht zu asphaltieren, sondern mit Rasenflächen zu arbeiten. Wir hatten jetzt bei den Hochwassern, das kürzlich war, in Gumpoldskirchen kein Problem mit Wasser. Wir haben PV-Anlagen eingeplant und haben in der Grundausstattung sichergestellt, dass jeder zweite Mitarbeiterparkplatz mit einer E-Ladestation ausgestattet ist, was später noch für jeden Parkplatz nachgerüstet werden kann. Wir setzen verstärkt auf den öffentlichen Verkehr, indem wir unseren Mitarbeitern ein Gratis-Klimatikett anbieten, um zum Standort zu kommen.
Wir sind mit der Gemeinde gerade in Gesprächen betreffend die letzte Meile zwischen dem Bahnhof und unserem Gebäude. Es wird alles diskutiert: Bus, E-Rollerlösungen, Sammeltaxis und so weiter. Darüber hinaus haben wir unsere gesamte Außendienstflotte bereits auf E-Fahrzeuge umgestellt. Und wir haben auch dort, wo es Sinn macht, bereits erste Tests bei unseren LKWs im Nahverkehr.
Also auch die Bundesländer?
Nein, die Bundesländer, nicht einmal im Bereich Auslieferung Wien, sondern im Bereich Nahverkehr. Nicht am Land, da müssen wir momentan einfach mit der Technik mitgehen in puncto Lade- und Batterie-Kapazitäten der Fahrzeuge.
Wenn der Umzug komplett vollzogen ist, passiert denn mit dem Standort Ottakring?
Wir sind eingemietet bei der Austria Tabak, was die vorhaben wissen wir nicht. Es gibt ja hier noch Forschung und Entwicklung von JTI, ein Wohngebäude und den Parkplatz. Aber der Standort Gumpoldskirchen, das ist das Wesentliche, ist Eigentum der Tobaccoland. Dort sind wir nicht eingemietet, sondern der Standort gehört uns.
Das heißt, das ist sehr langfristig gedacht.
Absolut. Das ist auch ein Commitment des Konzerns in die Zukunft von Tobaccoland.
Wie sehen Sie denn die Zukunft der Tabakbranche in Österreich? Also im Sinne von Herausforderungen wie Track & Trace oder TPD3. Aber auch Themen wie NGPs als Monopolware oder Nikotinsteuer. Glauben Sie, dass so etwas realistisch ist?
Manfred Knapp: Ich glaube auf jeden Fall, dass es realistisch ist, und ich glaube, es liegt nur am politischen Willen, dass man solche Produkte ins Monopol bringt. Die Monopolverwaltung, weil Sie es gerade angesprochen haben, hat das sehr gut definiert. Sie hat gesagt, sensible Genussprodukte sollen in die Trafik kommen. Und da gehören natürlich die Nikotin-Pouches dazu, da gehören die E-Zigaretten dazu, da gehört vielleicht ein Hanf dazu, wenn er einmal frei am Markt erworben werden kann.
Wir brauchen nur die vier großen Player anschauen, PMI, JTI, BAT, Imperial, die derzeit sehr, sehr hohe Gewinne abwerfen. Die werden sämtliches Know-how bündeln und fokussieren, um weiterhin Produkte auf den Markt zu bringen, die auch für Trafiken bzw. für den Großhandel lukrativ sind.
Glauben Sie, dass auch so etwas wie eine Nikotinsteuer irgendwie einmal durchsetzbar ist?
Ja, prinzipiell ist es uns wichtig, dass solche Produkte monopolisiert werden. Aber eine Versteuerung bedeutet automatisch auch, dass in der Wertschöpfungskette zusätzlich noch jemand dabei ist und die anderen in der Wertschöpfungskette an Einnahmen verlieren. Ich glaube nicht, dass es ein Riesenproblem ist. Es zeigen ja auch andere Länder bereits vor, dass es eine Art Nikotinsteuer gibt, z.B. in Deutschland, wo nikotinhaltige Vape-Produkte bereits jetzt versteuert werden. Warum nicht auch in Österreich?
Sie haben ja vorhin angesprochen, es gab schon eine Übergangsphase, wo Sie quasi Schulter in Schulter gearbeitet haben, die dann quasi im Abschluss begriffen ist. Haben Sie da irgendwelche besonderen Herausforderungen erlebt?
Jürgen Klampfer: Ich glaube, die größte Herausforderung der letzten Monate war, dass ich Herrn Knapp oft öfter gesehen habe als meine eigene Familie. Wir haben Wert darauf gelegt, unsere ganzen Partner nicht mit einem E-Mail über diese Veränderung zu informieren, sondern wir haben uns im August und September die Zeit genommen und eine Rundreise durch Österreich gestartet. Wir haben das Bundesgremium und die Landesgremien sowie diverseste Trafikanten besucht, wir haben die Monopolverwaltung in den unterschiedlichen Bundesländern kontaktiert, wir haben unsere großen Stakeholder, die Partner, auch alle persönlich besucht. Und auch hier in unserem Office, um diesen Übergang persönlich mit Stakeholdern oder Partnern zu besprechen.
Also wie ein Band auf Tour eigentlich.
Manfred Knapp: Genau, man kann sich vorstellen, die Blues Brothers auf Tour durch Österreich.
Jürgen Klampfer: Wir haben sehr positives Feedback bekommen. Uns war wichtig, dass Pablo Di Biase, der verbleibende Geschäftsführer, auch mit dabei war, um die Kontinuität und Handschlagqualität von Tobaccoland zu signalisieren.
Und die Gewaltenteilung im Herrn Di Biase bleibt wie bisher?
Es bleibt alles so wie gehabt. Wir sind die gleiche Firma, wir haben die gleichen Produkte, wir haben die gleichen Partner, wir haben die gleichen Trafiken. Es gibt einen neuen Geschäftsführer und die Erde wird sich weiter drehen.
Wir hatten Anfang des Jahres einen bei BAT einen Geschäftsführerwechsel, jetzt bei PMI, ist das Zufall, dass das dieses Jahr alles so zusammenfällt?
Bei den großen Industriepartnern, die Sie ansprechen, wo es ja alle drei bis vier Jahre einen Wechsel gibt, ist nicht überraschend, dass sie heuer gewechselt haben. Bei Tobaccoland dann eher schon, weil Manfred Knapp jetzt 15 Jahre lang der Geschäftsführer war. Es ergibt sich aus dem Umzug und aus der persönlichen Situation von Herrn Knapp. Mein Ziel ist es auch, so lange Geschäftsführer der Tobaccoland zu sein.
Manfred Knapp: Also, warum jetzt? Das erkläre ich gerne, es ist ja kein Geheimnis und wir haben nie einen Hehl daraus gemacht. Es ist so: ich habe in meinem Dienstvertrag eine Ausstiegsoption bei Standortwechsel, das heißt, ich hätte die Möglichkeit gehabt, mitzuwechseln nach Gumpoldskirchen oder diese Ausstiegsoption zu ziehen, und die habe ich eben gezogen. Das ist verankert im Dienstvertrag. Ich bin seit 33 Jahren im Unternehmen und habe einen Dienstvertrag mit der Austria Tabak von 1991. Da gab es so etwas noch.
Jürgen Klampfer: Es war ursprünglich nicht absehbar, dass Tobaccoland Wien verlässt. Aber es ist hier zunehmend schwieriger geworden. Wir haben hier auch immer wieder mit Anrainern die Problematik diskutiert. Der LKW-Verkehr ist das Problem. Was wir reinbringen, müssen wir auf der anderen Seite auch rausbringen zu den Trafikanten. Und dass das natürlich in einem Wohngebiet nicht unbedingt gern gesehen ist, ist klar.
Ich kann mir vorstellen, dass jetzt einige vielleicht nicht glücklich darüber sind, dass sie jetzt nach Gumpoldskirchen kommen müssen. Trotz der Incentives gibt es doch sicher Mitarbeiter, die den Umzug nicht mitmachen?
Wir haben Sozialleistungen wie einen Sports & Culture Club, Gratis-Getränke und -Kaffee und so weiter. Diese Angebote werden wir mit hinübernehmen, auch die Möglichkeit für Mittagessen. Wir sind sehr zuversichtlich, dass wir mit unserem Stamm-Mitarbeiterpool und der gleichen Qualität in Gumpoldskirchen starten. So ein Logistikzentrum, das diese Vielfalt an Produkten von der Autobahn-Vignette über Coca-Cola und Red Bull bis zu Tabakprodukten und Zigarren in einem sehr hohen Automatisierungsgrad und flächendeckend in Österreich bietet: das ist etwas, was man nicht jeden Tag sieht.
Das schauen wir uns gerne an. Danke für das Gespräch!