Pöschl Tabak
Weißblauer Global Player
Das Wachstum lässt sich anscheinend im schönen Landkreis Landshut mitten in Bayern nicht stoppen. Weder Weltkriege noch Wirtschaftskrisen noch Pandemien scheinen das gesunde Familienunternehmen zu beeindrucken, und auch in vierter Generation stehen die Zeichen auf Expansion. 1995 siedelte man vom Gründungsort in Landshut aus Platzgründen in die beschauliche Nachbarortschaft Geisenhausen, und mit der beachtlichen Zahl von rund 450 Mitarbeitern ist noch nicht Schluss. Nach der erfolgten Fertigstellung eines neuen Bürotrakts im Jahre 2021 folgte vergangenes Jahr im Sommer die Eröffnung der AQC (Azubi Qualification Company) auf dem Firmengelände. In diesem Ausbildungsbereich können die Auszubildenden an bereitgestellten Arbeitsplätzen üben und so praktische Erfahrungen sammeln, die Ihnen im Berufsalltag zugutekommen. Eine Investition in den Standort und die Zukunft.
Made in Germany
Aus gutem Grund. Denn bei Pöschl Tabak hält man daran fest, ausschließlich in Deutschland zu produzieren. Klar könnte man auch billigere Lizenzwerke anderswo aus dem Boden stampfen, aber wozu? Um dort oder da ein paar Euro einzusparen? Oder gar verkaufen? Keine Option für die bisherigen Eigentümer und auch nicht für die aktuellen geschäftsführenden Gesellschafter Patrick Engels und Katharina Pöschl. Einerseits, weil das Unternehmen seit Jahren organisch wächst – letztes Jahr erzielte die Unternehmensgruppe über 730 Millionen Euro Umsatz – zum anderen, weil das Unternehmen tief in der Region verwurzelt ist und man sich den Konsumenten, aber auch den Familien der Mitarbeiter verpflichtet sieht.
Diese Mitarbeiter sind das Rückgrat des Produktionsbetriebs, der hier auf höchstem Niveau Qualitäts-Tabakwaren produziert. Tagtäglich werden palettenweise die Rohtabake aus verschiedenen Teilen der Welt angeliefert und in zwei Schichten sowohl zu Schnupftabak als auch Zigaretten und Feinschnitt verarbeitet. Aber auch Pfeifentabake und Schmalzler werden hier in teilweise sehr aufwändigen Produktionsverfahren hergestellt.
Wachsende Komplexität
Apropos Aufwand. Die eingangs erwähnten Widrigkeiten sind rückblickend für die Branche weniger besorgniserregend als die aktuellen Entwicklungen am europäischen Markt. Nicht nur die Brüsseler Agenda zur Eindämmung von Tabakkonsum macht vielen Unternehmen der Branche zu schaffen, auch der Regulations- und Bürokratieaufwand zwingt viele Betriebe in die Knie. Grund: die seit 2019 für Zigaretten und Feinschnitt geltende verpflichtende Track & Trace-Regelung für Tabakprodukte, die mit 20. Mai 2024 auch für alle übrigen Tabakerzeugnisse schlagend wird. Der immense damit verbundene Aufwand ist für kleine Firmen weder logistisch noch finanziell stemmbar.
Für Pöschl Tabak ist das aufgrund der Größe des Unternehmens kein echtes Problem, dennoch stöhnt man unter dem extremen Aufwand, den man zwar schon von in Geisenhausen produzierten Zigaretten und Feinschnitt kennt, nun aber auch für den Schnupftabak kommt. Gleich rund zehn neue Mitarbeiter nur für die IT mussten dafür her – das Unternehmen wächst also auch deswegen, weil es muss.
Produkte im Wandel der Zeit
Vieles der Erfolgsgeschichte wäre aber ohne den unternehmerischen Instinkt der Familien nicht möglich gewesen. So konnten die Gründersöhne Wilhelm und Alois Pöschl Jr. in den schwierigen Nachkriegsjahren durch punktgenaue Diversifikation Richtung Rauchtabak ein wichtiges zweites Standbein als Ausgleich zur langsam sinkenden Snuff- und Schmalzler-Nachfrage etablieren. Vorerst mit Pfeifentabaken, später mit Feinschnitten. Angesichts der scheinbar übermächtigen internationalen Konzerne wurde das Wachstum von Pöschl Tabak in den 1960ern als das „deutsche Rauchtabak-Wunder“ bezeichnet. Die großen Coups blieben auch in den kommenden Jahrzehnten und Eigentümer-Generationen nicht aus. Zum Beispiel die Kreation der bis heute ungebrochen beliebten Schnupftabak-Marke „Gletscherprise“, praktisch die Blaupause für alle heutigen Schnupftabake. Die Komposition aus ausgesuchten und feinst gemahlenen Tabaken mit Menthol erfreut sich weltweiter Beliebtheit. Der aus heutiger Sicht gelungenste Produktlaunch war aber wohl die Einführung der Marke Pueblo. Zuerst als Feinschnitt, dann als Fertigzigarette, traf und trifft die völlig naturbelassene Tabakmischung den Geschmack von Rauchern weltweit.
Globales Netzwerk
Um die Nachfrage von Fans der Marken aus dem Haus Pöschl auf der ganzen Welt zu bedienen, ist natürlich eine entsprechende Struktur nötig. Schnupftabake, Zigaretten und Feinschnitt werden in über 100 Länder exportiert, darunter Großabnehmer von Schnupftabaken wie Nigeria. Um das alles zu koordinieren, verfügt Pöschl Tabak über elf Tochterunternehmen und vier Beteiligungsgesellschaften im Ausland, die neben der Vermarktung von Pöschl-Produkten auch als Alleinimporteur/Distributeur diverser internationale Marken aus dem Tabak- und Tabakwarenproduktbereich auftreten. Kern- und Hauptmarkt bleibt aber Deutschland.
Die Zukunft
Auch wenn aufgrund der immer engeren gesetzlichen Vorgaben die Zeichen in der Branche auf Sturm stehen, gibt man sich bei Pöschl gelassen aber zugleich aufmerksam, damit die Erfolgsgeschichte aus Niederbayern noch lange Jahre anhält.