Wird Deutschland Nikotinprodukte totbesteuern?
Im Zeitraum von 2022 bis 2026 soll die Tabaksteuer einer Standardpackung Zigaretten mit 20 Stück um etwa 8 Cent jährlich angehoben werden. Das würde eine Packung Marlboro von heute sechs auf rund acht Euro im Jahr 2026 verteuern.
Fast die doppelte Last soll ein typischer Pouch mit 40 Gramm Drehtabak tragen: zusätzlich zwischen 13 und 16 Cent pro Jahr. Und die Mindeststeuern für Cigarren, Zigarillos und Pfeifentabak sollen ebenfalls steigen.
Tabakerhitzer (bzw. ihre Verbrauchsmaterialien) sollen ab 2022 mit Zigaretten steuerlich gleichgestellt werden.
Und nikotinhaltige Liquids sollen ab Juli 2022 mit 2 Cent pro Milligramm Nikotin und Milliliter besteuert werden. Ab Juli 2024 soll sich die Steuer auf 4 Cent verdoppeln – womit alleine die Tabaksteuerlast auf ein typisches 10-ml-Fläschchen Liquid mit den maximal erlaubten 20 mg Nikotin dann schon so hoch wie der gesamte Kaufpreis einer Packung Marlboro wäre.
Von Schadenfreude bis Schock
Je nach Betroffenheit unterscheiden sich die Reaktionen signifikant: Während Iqos-Anbieter Philip Morris durch eine Vervielfachung der Steuer sein teuer entwickeltes und auf dem steigenden Ast befindliches Produkt bedroht sieht, herrscht auf Seite jener Zigarettenhersteller, die kein Heat-not-burn-Produkt anbieten, eher Schadenfreude. Philip Morris sei ja bei der steuerlichen Einstufung seiner Heets als Pfeifentabak ohnehin zu billig davongekommen.
Für die Hersteller und Händler von nikotinhaltigen E-Liquids wäre die Umsetzung der deutschen Steuerpläne allerdings das Aus.
Gegen Nikotin in jeder Form
Derzeit wird von Überzeugungstätern ein Kreuzzug geführt, der ausgehend von klassischen Zigaretten auf alle Nikotinprodukte ausgeweitet wurde. Dass die Verbrennungsprodukte des Tabaks krank machen und nicht das Nikotin, wird ausgeblendet oder ignoriert; Nikotin wird mit Rauchtabak quasi gleichgesetzt und ist böse, weil es ja süchtig macht. Kaffee und sein Koffein machen auch süchtig. Darüber hinaus sind die gesundheitlichen Auswirkungen von Koffein und Nikotin ähnlich – äußerst überschaubar. Man stelle sich vor, der Nanny State würde seinen Bürgern den Kaffee zum Frühstück oder im Büro verbieten oder wegen Gesundheitsgefährdung extrem verteuern ...
Das geplante Steuermodell auf Nikotinprodukte würde jedenfalls die Inlandsbeschaffung von Nikotin-Liquids zu einer exklusiven Angelegenheit machen – in der Theorie. In Wahrheit würde die Liquid-Steuer aber keine Steuermillionen lukrieren, sondern die deutschen Dampfer nahezu geschlossen in Online- und Auslandskauf sowie Schwarzmarkt treiben.
Zudem sinkt die Attraktivität von Ersatzprodukten mit hoher Besteuerung und damit Bepreisung, womit bestehende Raucher weiterhin rauchen und nicht auf weniger gesundheitsschädliche Alternativen umsteigen werden. Eine effizientere staatliche Förderung des klassischen Rauchtabaks ist kaum vorstellbar.
Den vollständigen Artikel können Sie ab 23. April 2021 in der druckfrischen Printausgabe der Trafikantenzeitung nachlesen.