Ein Relikt, das aber bestens passt: Scotch und Zigarre
Campbeltown kommt nicht allzu oft ins Whisky-Glas. Doch vor allem Zigarrenfreunde sollten die kleinste Single Malt-Region kennen – ihr Profil macht sie nahezu zum Allrounder zu den geliebten „Sticks“.
Wenn wir die Reise durch schottische Whisky-Landschaft fortsetzen, hat unsere Serie zur Zigarrenfreundlichkeit der Single Malts die Halbzeit erreicht. Zumal die sechs Regionen, in die sich die rund 150 Destillerien gliedern lassen, unterschiedlich groß sind. Die „Islands“ haben wir gestreift, als es um die rauchigen Whiskys aus Islay ging. Damals war auch von Skye (Talisker und Torabhaig) bzw. Orkney (Highland Park) die Rede. Neue Brennereien mit teils sehr jungen Single Malts finden sich auch auf Raasay und Harris, dazu kommen Tobermory (auf Mull), Arran und Jura, die beide so heißen wie die Hebrideninsel, auf denen sie sich befinden. Traditionell wurde auf den „Islands“ stets mehr oder weniger viel Torf verwendet. Insofern gelten die Einschätzungen aus Teil 1 (siehe: Trafikanten-Zeitung 11/24) – mit Ausnahme der Whisky-Start ups – auch, wenn ein Insel-Malt die handgerollten Rauchwaren begleitet.
Hier lebt die Whisky-Geschichte!
Eine Art Geheimtipp für Aficionados stellt aber die kleinste und vielleicht unbekannteste Region dar: Campbeltown zählt gerade einmal drei Brennereien, wobei deren Profil nachgerade ideal zur Zigarre ist. Schwere Destillate, die durch öliges Mundgefühl (von Profis Viskosität genannt) charakterisiert sind, machen die Single Malts von Springbank, Glengyle und Glen Scotia zu einer Art geschmacklichen Zeitreise. Dazu kommt, dass Springbank nicht nur selbst Gerstenmalz herstellt, sondern eine der letzten familiengeführten Whisky-Produktionen Schottlands ist. Familie Wright produziert dabei auch mehrere Marken; „Longrow“ steht für torfrauchige Malts, während „Hazelburn“ einen dreifach gebrannter Whisky darstellt. Speziell in der jährlichen „Sherry Wood“-Edition ist das ein Zigarrenbegleiter von Rang, besonders für Puros aus Nicaragua.
Die Hauptproduktion von „Springbank“ hingegen fordert noch stärkere Formate. Wenn es kubanische Vitolas sein dürfen, dann wäre etwa Partagás „Serie D No.4“ eine Option zum „15 years“. Die erdigen Noten der Robusto, die allmählich dem balancierten Smoke weichen, den viele Fans der Marke schätzen, haben in dem leicht salzigen Akzenten des Whiskys ein Pendant. Und auch die Süße dieser Abfüllung – der ausschließlichen Sherry-Fass-Reifung geschuldet – harmoniert mit der dunklen Geschmackstiefe der Partagas. So sehr, dass man diesen Whisky bei der Destillerie selbst als idealen Zigarrenbegleiter lobt. Die poetische Beschreibung entspricht dem aromatischen Crescendo: „Like a storm, gathering off the Kintyre coast“.
Geschmack der „rare old times“
Stürmisch verlief aber auch die Geschichte der Whisky-Region Campbeltown. Von einstmals 30 Brennereien, die von der Kintyre-Halbinsel den Seeweg nach Amerika für den Export nutzten, blieben gerade einmal die Namen. Das Viktorianische Zeitalter war die Blütezeit, was auch den „Victoriana“ als Namen eines weiteren Zigarren-Spezialisten, made in Campbeltown, erklärt. „Glen Scotia“ hat diese Hommage an die guten, alte Zeit in einer Stärke von 54,2% vol. gefüllt. Geschmacklich kann man die röstigen Noten – 5% Rauchmalz sind im Spiel! – über dem fruchtigen Kern mit einer Paradiso by Ashton „Papagayo XXL“ vergleichen. Die dunklen Beeren des Whiskys treffen dabei auf die Amarena-Kirsch-Noten der Nicaragua-Zigarre mit dem Oscuro-Deckblatt.
Einmal mehr profitieren die Whiskys der Region aber von „zigarrenfreundlichen“ Fass-Reifungen. Das beste Beispiel wurde 2024 exklusiv von „Glen Scotia“ für den österreichischen Markt abgefüllt. Doch eigentlich wurde das „Exclusive Cask“ praktisch für alle Raucher gemacht, die ausdrucksstarke Schokolade-Aromen mögen. Das Einzelfass ergab zwar nur 231 Flaschen, doch diese beinhalten sieben Jahre alten Whisky, der sechs Monate in einem ausdrucksstarken Rum-Fass nachreifte. Dieses kam aus Jamaica und hat die typischen Fruchtester-Noten auf den Single Malt übertragen. Vanille und Rumtopf, wohlgemerkt bei 56,1% Vol., sind zu schmecken. Sie komplettieren etwa kräftigere Honduras-Formate wie Oscar Valladares „Altar Q Toro“. Da darf es aber auch ein bisschen Wasser zum Zähmen des Whiskys sein.
Schwere Destillate, kräftige Puros
Wobei die unverdünnte Power auch zu Kubanern von Vegas Robaina „Unicos“ aufwärts gefragt ist. Das kann selbst die markante Bolivar „Edición Limitada“ Regentes sein! Denn zusammenfassend lässt sich zu Campbeltown sagen: Wenn die Speyside (siehe Teil 2 der Serie – Trafikanten-Zeitung 12/24) Spezialistin für helle Deckblätter und Einstiegszigarren war, hat man auf der Kintyre Peninsula eine andere „Superkraft“. Die wenigen Brennereien liefern die optimale Begleitung zu allen zumindest mittelkräftigen Rauchwaren. Und damit sind Schottlands Möglichkeiten noch nicht erschöpft – bis bald bei Teil 4 unserer Whisky-Serie!