Lowlands, Highlands, das große Ganze: Scotch und Zigarre, Teil 4
Der letzte Teil zum Thema „Welcher Scotch passt zu Zigarren?“ nimmt sich der zwei größten Whisky-Regionen an. Und neben Lowlands und Highlands gibt es da noch eine „Geheimwaffe“.

Unzählige Filme feiern die rauhen Gesellen aus den schottischen Highlands. Von den Lowlands hört man weniger, dabei sind sie in Sachen Whisky eine Macht. Doch bevor es darum geht, wo ihre Stärken zum Zigarrengenuss liegen, gehört geklärt, wo sie selbst liegen. Die Trennlinie zu den Highlands zieht man in der Regel quer über die britische Insel von Stonehaven bis zum Ort Helensburgh am Firth of Clyde: Alles nördlich davon gehört zu den Highlands. Warum aber sind nun die Lowlands unverzichtbar für die schottische Whisky-Industrie?
Die Grain Whisky-Brennereien, darunter der Gigant Girvan (William Grant&Sons) mit seiner Kapazität von 110 Mio. Litern, befinden sich mit einer Ausnahme in dieser Region. Denn 90% des schottischen Whisky-Outputs sind Blended Scotchs. Und ohne den Whisky aus Mais und anderen Getreiden gäbe es die Blends – Mischungen aus Single Grains und dem allseits bekannten Gerstenmalz-Brand alias Single Malt – nicht. So steht die Brennerei Cameronbridge hinter „Johnny Walker“, North British beliefert „J&B“ (ebenfalls Diageo) und Strathclyde liefert Grain Whisky für „Ballantine’s“ und „Chivas Regal“ (Pernod Ricard).
Gebrannt für den sanften Smoke
Selten aber kommen die Grain Whiskys „unverschnitten“ auf den Markt. Wenn doch, dann sollten vor allem Freunde der Connecticut Shade-Deckblätter aufmerken. Wörter wie Gras, Ingwer, Karamellbonbon und Toast beschreiben den sanften Stil dieser Whiskys (haben aber auch Parallelen zu Einsteiger-Zigarren). Dort, wo man selbst die Single Malts als „Lowland Ladies“ bezeichnet, sind die Single Grains noch zarter in ihren Aromen. Eine Parade-Zigarre dazu wäre etwa die „Zino Nicaragua Half Corona“. Als Partner käme dann der von David Beckham beworbene „Haig Club“ in Frage oder auch etwas aus den Lagerhäusern der unabhängigen Abfüller.
Bei ihnen finden sich immer wieder Schätze wie der „14 years“ von der North British-Destillerie, den der Abfüller „Signatory Vintage“ aufgelegt hat. Er ist auch ein Kandidat zu kleinen Formaten wie Flor de Copáns „Demi Tasse“ oder den „Minutos“ von VegaFina. Viel intensiver wird es zumeist nicht in den Lowlands, auch bei den neuen Destillerien wie „Kingbarns“ oder „Lochlea“ nicht, die mit ihrem Single Malt ebenfalls einen angenehm milden Stil bevorzugen. Der erlebt durchaus eine Renaissance. Konsumenten mögen es wieder etwas gefälliger bei der Spirituose, dazu sind die Brennerei-Startups in den gut erschlossenen Lowlands deutlich besser erreichbar als an den Küsten Nordschottlands.

Dosierte Kraft der „Highlander“
Dort, in den Highlands, einen bestimmten Stil auszumachen, ist weitaus weniger einfach. Als gemeinsamen Nenner für die Zigarrenbegleitung darf man – passend zur Witterung – das Wort „robust“ nennen. Wenn dann noch die aus der Trafikantenzeitung 12/2024 bekannte Sherry-Reifung hinzukommt, hat man einen möglichen Partner für mittelkräftige Vitolas wie Brick House „Corona Larga“ oder Nestor Plasencias „Reserva Original Robusto“. Ein Schluck wie The Dalmores „12 years Sherry Cask“ etwa erinnert mit seinem Geschmack nach heißer Schokolade beinahe schon an Rum. Dass auch Kirsche zu entdecken ist, macht ihn zu den genannten Zigarren zu einer Empfehlung.
Soll es noch kräftiger werden in den Highlands, dann fällt meist der Name „A’Bunadh“. Er stellt einen in Fass-Stärke gefüllten Whisky von Aberlour dar. Auch wenn man hier ein paar Spritzer Wasser zum Zähmen der rund 60% vol. einsetzt, darf man hier zu den kräftigsten Formaten im Humidor greifen, um aromatisch auf Augenhöhe zu bleiben.
Die Mischung macht es aus!
Und es gibt auch eine Whisky-Regionen übergreifende Kategorie, die man als Aficionado kennen sollte. Sie stellt nämlich einen ähnlich komplexen Blend dar wie jede gute Zigarre. Nostalgiker nennen sie immer noch „vatted malts“, auch wenn die offizielle Nomenklatur mittlerweile von „blended malts“ spricht. Für Whisky-Neulinge ist diese aktuelle Bezeichnung leider deutlich verwirrender. Denn im Gegensatz zu einem „blended Scotch“ zeichnet diese Whiskys aus, dass ausschließlich Single Malts zu einer neuen Komposition vermischt wurden. Der billigere und geschmacklich leichtere Grain Whisky hat hier nichts verloren. Die Mischung aus mehreren Malts wiederum ermöglicht etwa dosierte Fruchtigkeit oder ganz sanften Rauch.
Diese „Cuvées“ aus mehreren Destillerien sind leider selten geworden, haben aber eine hohe Chance, Zigarrenfreunde zu erfreuen. Mit ihrer Komplexität findet sich nämlich schnell ein aromatischer Anknüpfungspunkt. Das zeigt einer der am besten verfügbaren „blended Malts“, nämlich der von Johnnie Walker abgefüllte „Green Label“, gut. Dieser 15 Jahre gereifte Whisky ist etwa zur Montecristo „Open Regata“ ein idealer Begleiter. Die mittelkräftige Piramide aus Kuba dockt an die Vanille-Noten des Johnnie Walker ebenso an, wie sie den würzigeren Akzenten geschmacklich Halt gibt.
Womit am Ende der vierteiligen Reise durch Schottland feststehen dürfte: In den sechs Whisky-Regionen finden jede Zigarre ihr „perfect match“ – und damit ist kein Streichholz gemeint.
Mit dem letzten Teil der Whisky-Regionen endet auch unsere Serie der Zigarrenpairings, die über 17 Ausgaben von Roland Graf kompetent und anschaulich kuratiert wurde. Ich hoffe Sie, liebe Leser*innen, konnten davon profitieren, Ihr Wissen erweitern und vielleicht die eine oder andere Empfehlung an Ihre Kunden weitergeben. Sie finden alle bisherigen Folgen dieser spannenden Genussreise auch weiterhin auf dieser Website.