Pairing

Er ist gesucht, doch passt Japans Whisky zur Zigarre?

Zigarren
15.10.2024

Gebrannt wurde in Fernost schon Jahrzehnte, ehe der Westen dies wahrnahm. Umso höhere Preise erzielen Nippon-Malts heute. Doch wie Zigarren-freundlich sind sie?
Whisky Japan

Für viele Spirituosen-Freunde begann die Geschichte des japanischen Whiskys erst vor zehn Jahren. Nachdem Jim Murray in seiner berühmten „Whisky Bible“ 2014 einen Single Malt aus Fernost („Yamazaki Sherry Cask“) zum weltbesten Whisky erklärt hatte, stieg das Interesse am vermeintlichen Exoten sprunghaft. Die Japaner, die eine internationale Nachfrage dieser Dimension nicht erwartet hatten, traf das am linken Fuß. Es gab zu wenig alten Malt Whisky, entsprechend zogen die Preise an. Was dann erneut die Begehrlichkeiten anfachte, diesmal von Sammlern und Spekulanten. Selbst einst „normale“ Abfüllungen wie Nikkas „Yoichi 12 years“ haben ihren Preis seit 2014 verzehnfacht!     
Doch dieses Jahrzehnt, in dem Japans Single Malts von Geheimtipps zum Spekulationsobjekten wurden, stellt nur eine Phase für die Hersteller im Land der aufgehenden Sonne dar. Und der Single Malt ist – wie auch in Schottland – nur ein Bruchteil der Produktion. Denn der spezifische Whisky-Stil Japans das Ergebnis eines langen Lernprozesses. Das bekannteste Whisky-Haus „Suntory“, das im Vorjahr sein 100-jähriges Bestehen feierte, zahlte mit der ersten Abfüllung viel Lehrgeld. Das „Weiße Etikett“ (japan.: Shirofuda) kam als rauchige Scotch-Kopie auf den Markt und verkaufte sich sehr schleppend. Erst der „Kankubin“ aus der Yamazaki-Destillerie von Shinjiro Torii erreichte dann die Massen Nippons.

Finesse, die nicht immer funktioniert

Nur war dieser 1937 vorgestellte Whisky ein Blend, er enthielt also auch Single Grain (=Getreidebrand, der nicht aus gemälzter Gerste stammt). Und bis heute ist dieser auch gut zum Mixen geeignete Suntory-Whisky marktdominierend in Japan.  Komplexität in der scheinbaren Einfachheit, wie sie das Inselreich bei Design, Küche und Malerei mag, hielt auch beim Whisky Einzug. Technisch bedeutet das – ohne zu sehr ins Detail zu gehen – in den meisten Brennereien die Verwendung einer geläuterten „Würze“. Diese flüssige Basis des Whisky-Brennens enthält weniger Fett-Anteile, aber auch kaum Getreidegeschmack. Erklärtes Ziel sind fruchtige Aromen, vor allem aber auch eine fast grasige Frische. 
Für die Zigarren-Pairings bedeutet das weniger nussigen Geschmack in den meisten Japan-Whiskys, dafür aber eine mögliche Front-Stellung zwischen den herbal-grünen Akzenten und den Bitternoten des Tabaks. Dies kann selbst die absolute Oberliga betreffen. Eine der ungewöhnlichsten Whisky-Geschmacksnoten – nämlich Kiwi – begegnet einem beim 1.200 Euro teuren „Hakushu 18 Year Old Peated Malt”. Ein grandioser Whisky, aber kein Zigarrenbegleiter; da sind Rauchmalz, die „grüne“ Fruchtigkeit (und wohl auch der Preis) vor!

Klar begonnen und mit viel Frucht

Doch fruchtige Whiskys haben auch eine positive Eigenschaft aus Sicht des Aficionados. Sie gleichen die herben Noten einer Zigarre aus, auch wenn vielleicht weniger Süße im Spiel ist als beim Rum, dem bekanntlich von Gesetz wegen auch 20 Gramm Zucker pro Liter erlaubt sind. Ein guter Japan-Whisky wird aber mit strahlender Frucht einiges davon kompensieren. So punktet etwa die an Apfelsaft erinnernde Intensität des „Iwai 45“ aus der Destillerie Mars in Nagano zum cremigen Rauch einer dominikanischen Robusto. Zum Testen empfiehlt sich etwa eine „Cuesta Rey Robusto No. 7“.
Der „Iwai“ mit seinem höheren Alkohol (45% vol. geben ihm den Namen) wurde speziell für die Cocktail-Welt kreiert. Und an diese Whiskys sollte sich auch der Zigarrenfreund halten, wenn es um Japan geht. Sie sind für robuste und oft auch bittere Zutaten an der Bar konzipiert wie etwa Wermut oder Aromatic Bitters. Und so weit ist deren Geschmacksbild nicht von den Basisnoten vieler Rauchwaren entfernt: würzig, nussig, bitter und kräuterlastig. All das spricht für japanische Blends, die nicht nur deutlich günstiger sind als die raren Single Malts des Inselreichs. Auch im Geschmack bieten sie eine Fülle an „anschlussfähigen“ Geschmacksnuancen.

Made in Japan – erst jetzt wirklich! 

2024 war ein wichtiges Jahr für Japans Whisky-Brenner – mehr aber noch für ihre Kunden. Denn ab März das nur im Inselreich erzeugter und gereifter Whisky mit der Bezeichnung „Japanese whisky“ bzw. „Japan whisky“ vertrieben werden. Bisher fanden nämlich auch international zugekaufte Whiskys in die Produktion Eingang. Als freiwillige Selbstverpflichtung weisen dies die großen Erzeuger wie Suntory, Nikka, Chichibu oder Mars nun aus. „World Blends“ ergeben somit aber auch ein eigenes interessantes Segment. Konsequent ist man auch beim Marketing: Japanische Symbole, Schriftzeichen oder Namen („Samurai-Malt“, „Ikebana Reserve“) sind nur für regelkonform gebrannte Whiskys erlaubt. 

Eleganz vor, aber keine „Hämmer“!

Allerdings muss man in diesem Fall mehr denn je auf die Intensität der Zigarren achten. Kuba und Japan werden in der Regel keine Freunde. Mildere Optionen hingegen sind wie gemacht für die verspielten japanischen Destillate. Denn eines verbindet die Blended Whiskys aus Fernost und Zigarren, die erst warm geraucht werden müssen, um voll zu punkten: Beide brauchen Zeit, um alle Facetten zu zeigen. Gemeinsam auf Touren zu kommen, könnte man etwa als Motto ausgeben, wenn Davidoffs bekannte „2000“ auf den Hibiki „Harmony“ trifft. Hier geht man es gemeinsam langsam an, die eleganten Aromen von Zigarre und Whisky zu entfalten.
Mitunter darf es zum Rauchen auch purer „Grain“ aus Japan sein. Mais gibt dem ungewöhnlichen „The Chita“ seine Weichheit, ein wenig Reife im Sherry-Fass sorgt dann für Karamell und Kaffee-Zuckerglasur im Geschmack. Das ist für einen Vanille-Zigarillo, z. B. die beliebten „Moods“ von Dannemann, wie geschaffen. Wer sagt denn, dass eine Japan-Reise immer viele Stunden lang dauern muss?