Cannabis
Deutschland legalisiert: Das Gesetz im Detail
Ursprünglich hätte das Prestigeprojekt der bundesdeutschen Ampelkoalition unter Kanzler Olaf Scholz ja wesentlich umfangreichere Lockerungen im Umgang mit Cannabis bedeutet, viele witterten schon marktwirtschaftliche Freiheiten und Höhenflüge à la Colorado oder Kalifornien, die amerikanischen Paradestaaten der Legalisierung. Geworden ist es dann doch eine wesentlich gezähmtere Variante, die nun vom Kabinett abgesegnet wurde. Dennoch bedeutet dieser Schritt, der per Gesetz vermutlich mit Jahreswechsel in Kraft tritt, einen echten Dammbruch in Europa. Nachfolgend ein Blick auf die Details der richtungsweisenden neuen Gesetzeslage bei unseren Nachbarn – immerhin die wirtschaftlich und einwohnermäßig größte Nation der EU.
Die wichtigsten Eckpunkte
Die zentrale Änderung der bestehenden Gesetze, die ja jetzt schon den Besitz und Erwerb von Cannabis bei medizinischer Indikation erlauben, ist die begrenzte Freigabe für rein private Zwecke. Konkret heißt das: Erwachsene dürfen künftig bis zu 25 Gramm Cannabis zum Eigenbedarf besitzen, und im privaten Eigenanbau sind bis zu drei weibliche blühende Pflanzen pro erwachsene Person erlaubt. Das ist ein wesentlicher Unterschied zu Regelungen wie beispielsweise in den Niederlanden oder Spanien, wo Cannabis lediglich geduldet oder straffrei gestellt wird, aber per Definition trotzdem nicht legal ist.
Auch der (öffentliche) Konsum wurde reglementiert: Nahe Schulen, Kindergärten, Spielplätzen und öffentlichen Sportstätten ist der Konsum verboten. Ebenso darf in Fußgängerzonen zwischen 7 und 20 Uhr nicht konsumiert werden. Interessant sind die Regelungen für den Straßenverkehr, denn anders als bei Alkohol sind keine Grenzwerte festgelegt. Vorsicht ist geboten: Wer beim Autofahren unter dem Einfluss von Cannabis aufgegriffen wird, muss damit rechnen, als fahruntauglich eingestuft zu werden. Bereits der Nachweis einer geringen Menge THC reicht für eine Ordnungswidrigkeit und der Führerschein wird in der Regel eingezogen. Eine schwammige Lösung, die noch Verbesserungspotenzial hat. Dafür können Verurteilungen wegen Besitzes oder Eigenanbaus bis 25 Gramm oder maximal drei Pflanzen gelöscht und laufende Straf- und Ermittlungsverfahren beendet werden.
Jugendschutz hat Vorrang
Punkto Jugendliche kennt der Gesetzgeber aber keinen Spaß. Erwerb, Besitz und Anbau von Cannabis bleibt für Minderjährige weiterhin verboten, sie werden aber nicht strafrechtlich verfolgt. Die Weitergabe von Cannabis an Minderjährige bleibt strafbar.
Handel und Steuern
Der für Konsumenten wichtigste Faktor, nämlich der Handel, wurde vorerst eher originell gelöst. Die Kultivierung und Abgabe von Cannabis soll vorerst über gemeinnützige Cannabis-Clubs ermöglicht werden. Die Anbauvereinigungen dürfen pro Person maximal 25 Gramm pro Tag abgeben, insgesamt jedoch höchstens 50 Gramm im Monat. Das Mindestalter beträgt 18 Jahre, ein Club darf maximal 500 Mitglieder haben. Die Clubs müssen Beauftragte für Jugendschutz, Suchtprävention benennen, dürfen keine Werbung machen und müssen einen Mindestabstand von 200 Metern zu Schulen, Jugendeinrichtungen sowie Spielplätzen einhalten. Die Mitgliedschaft in mehreren Vereinen ist verboten, und der Konsum von Cannabis vor Ort in diesen Anbauvereinigungen ist nicht gestattet. Erst in einem zweiten Schritt sollen kommerzielle Lieferketten bis zum Verkauf in Fachgeschäften in Abstimmung mit der EU getestet werden. Dann wird es für Handel und Fiskus spannend.
POLITIK: Das ist der Stand bei uns
ÖVP: Für eine Legalisierung gibt es von uns ein klares Nein. Zuletzt veröffentlichte Berichte – etwa durch die psychiatrische Fachärztin Adelheid Kastner – zeigen außerdem, dass der Konsum von Cannabis zu stark ansteigenden Zahlen bei Schizophrenie-Erkrankungen führt. Zudem darf auch die Gefahr von unter Drogeneinfluss stehenden Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmern nicht unterschätzt werden.
Grüne: Die Grünen stehen seit jeher für eine Entkriminalisierung von Cannabis. Bisher hat es dafür aber keine parlamentarische Mehrheit gegeben, da sich außer den Grünen und den NEOS keine andere Partei in dieser Frage positiv positioniert hat.
SPÖ: Nein. Aufgrund potenzieller Gefahren ist eine völlige Liberalisierung von Cannabis nicht zielführend, aber unser Ansatz von „Therapie statt Strafe“ muss weiter ausgebaut werden. Cannabis sollte jedoch im medizinischen Bereich verstärkt zum Einsatz kommen.
FPÖ: Nein. Cannabis ist und bleibt eine Einstiegsdroge. Eine Legalisierung wäre deshalb das falsche Signal.
NEOS: Wir treten für eine streng reglementierte Freigabe von Cannabisprodukten ein. Die Abgabe soll in Apotheken oder Trafiken erfolgen. Steuereinnahmen aus „Konsum“-Cannabis sollen in Bildung, Gesundheit und Suchtprävention fließen. Es braucht einen ehrlichen Umgang mit Cannabis in der Drogenpolitik, auch, um den Jugendschutz durch reglementierte Verkaufsstellen effizient durchzusetzen.
Quelle: „Politische Sommerfragen“, RegionalMedien Austria