Pairing
Sanft bis hin zur Überforderung: Scotch und Zigarre, Teil 2
Der erste Teil unserer „rauchigen“ Schottlandreise hat sich mit den getorften Whiskys beschäftigt. Diese stellen eine kräftige Minderheit der Single Malt-Szene dar. Doch das wirklich große Geschäft mit Whisky-Liebhabern macht nicht die kleine Insel Islay und ihre kantigen Nachbarn (z.B.: Isle of Skye) in Sachen Rauchigkeit. Sondern die Region entlang eines bei Anglern legendären Highland-Flüsschens: Speyside nennt sich diese Ecke Schottlands. Hier befinden sich allein in der Whisky-Hauptstadt Dufftown (in Wahrheit ein 1.500 Seelen-Dorf) neun Brennereien. Darunter solche Giganten wie „Singleton“ oder „Glenfiddich“, aber auch der Erfinder der doppelten Fass-Reifung, „The Balvenie“.
Aromen-Booster im zweiten Fass
Diese heute weitgehend übliche Praktik lässt der Reifung in ehemaligen Bourbon-Fässern eine weitere Zeitspanne in einem anderen Eichenfass – diese Holz-Art schreibt das schottische Whisky-Reglement vor – folgen. In der Regel befanden sich darin Spirituosen (Rum) oder Wein basierte Spezialitäten (Sherry, Port, Marsala). Von deren Geschmacksprofil und Süße soll der Getreidebrand profitieren. Und das tut auch die Zigarre!
Toffee-Noten und Frühstücksflocken-Geschmack des Malzes, von dezentem Eichenholz begleitet, haben ja absolut ihre Berechtigung. Auch wenn sie von Fortgeschrittenen mitunter als „Frühstück-Whisky“ bezeichnet werden. In Sachen Rauch allerdings haben sie nur eine begrenzte Einsatzmöglichkeit. Insofern ist ein Toffee-milder „Speyburn“ oder „Singleton“ auch nur für die leichtesten Rauchwaren anzuraten. Große Freude bereiten als Begleitung etwa Zigarillos mit Vanille-Geschmack. Wird das Format größer oder gar der Wrapper dunkler, dann stoßen sie an ihre Grenzen. Doch was die Komplexität der notorisch sanften Speyside-Whiskys erhöht, mildert auch die Gerbsäure der Zigarren.
Eine Abfüllung mit „cask finish“ in Sherry-Gebinden etwa hilft auch bei mittelkräftigen bis starken Vitolas. Allen voran wäre da der Klassiker „Double Wood“ zu nennen, mit dem 1983 die zweifache Reifung in Dufftown begonnen hat. Oder auch der ebenfalls von „The Balvenie“ stammende 14 Jahre gereifte „Caribbean Cask“; er ist ein sozusagen Spezialist für Nicaragua-Tabake: Rum-Würze und sanfte Malzigkeit akzentuieren die erdig-pikanten Noten aus Anbaugebieten wie Estelí oder Condega.
Das „Biest“ kann gut mit Kubanern
Der Inbegriff eines „sherried“ Single Malts ist aber „Macallan“. Die hohen Versteigerungspreise sollten nicht darüber hinwegtäuschen, dass auch im Einstiegslevel (etwa bei Abfüllungen wie „Sherry Oak 12 Years“) Geschmacksnoten wie gutes Konfekt warten. Und damit eine von Trockenfrüchten geprägte Begleitung zu Formaten wie „La Aurora 107“. Auch höheres Alter hilft, wenn es Speyside Whisky zur Zigarre sein soll. Einer der leistbarsten 18-jährigen Whiskys stammt von „Glen Grant“. Und er „kann“ mit Honduras-Longfillern mit Connecticut-Deckblatt wunderbar.
Wer kantige Pairings liebt, sollte nach Abfüllungen vom „Beast of Dufftown“ Ausschau halten. Dieser Beiname der Destillerie „Mortlach“ sagt viel über den fast fleischigen Charakter dieser Whiskys aus. Zu öligen Kubanern mit viel Schokolade-Aromatik erfreut etwa der „Mortlach 15 years“, der vom unabhängigen Abfüller „Gordon&McPhail“ aufgelegt wurde. Von den Destillerie-eigenen Varianten wäre der „20 years“ eine hochpreisige, aber kongeniale Wahl zu Ramón Allones „Gigantes“ – da zeigt die Speyside aber dann auch schon so richtig ihre kräftige Seite.
Ein wenig Power ist hier gefragt
Apropos kräftig: Nicht unbedingt zum Vorteil der Zigarren-Raucher hat sich in den letzten Jahren der ABV entwickelt, wie Schotten den Alkoholgehalt eines Whiskys nennen. Im Bemühen, die sanfte Speyside noch zugänglicher zu machen, haben sich viel Destillerien für 40% vol. entschieden. Ein gutes Beispiel stellt jener Whisky dar, der bis zu einem Gerichtsurteil von mehreren Brennereien als Bezeichnung verwendet wurde: Denn „The Glenlivet“ war der Inbegriff eines sanften Whiskys, als man noch mehrere Stile aus den Highlands am Etikett differenzierte. Und jener „18 years“ aus der originalen Destillerie in Ballindalloch, den man heute noch auf Auktionen erhält, kann getrost als ein nahezu idealer Zigarren-Begleiter gesehen werden.
Dieser Whisky schafft den aromatischen Spagat zwischen so unterschiedlichen Formaten wie der Romeo y Julieta „Cazadores“ und Rocky Patels „Fifty-Fifty“. Oder besser: Er schaffte ihn. Denn während die alte Abfüllung 43% vol. aufwies, sind es aktuell 40% vol. Das allerdings unterfordert die kräftigeren Formate, zu denen „The Glenlivet“ so kongenial passte. Was allerdings nicht nur eine Frage der Alkoholstärke, sondern auch des merklichen Sherry-Fass-Einflusses war. Die fruchtige Süße zwischen Datteln und Rosinen, die sich zusammen mit einem nussigen Touch einstellte, ist genau das, was Zigarren brauchen!