Pairing

Kein kalter Kaffee! Zigarren und Espresso

Zigarren
14.05.2024

Röstaromen zum Quadrat bietet die Begleitung von Zigarren mit einem Mokka. Das will gut dosiert sein! Doch generell funktioniert Kaffee als Begleiter top – vor allem in den neuen Zubereitungsarten…
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Mit rund 800 Aromen sollte Kaffee eigentlich leichtes Spiel als Zigarrenbegleiter haben. Würze, Holzigkeit und Bitternoten teilen die beiden „Kolonialwaren“ früherer Tage zudem auch noch. Doch gerade hier wird es einmal mehr kompliziert, wie regelmäßige Leser dieser Serie wissen: Bitterkeit hoch zwei verkürzt den Genuss! Dabei ist es vor allem die Röstung, die „Kaffee-seitig“ für diese Komponente verantwortlich ist. Eine „neapolitanische“ Röstung mit ihren fast schwarzen Bohnen macht es Zigarren schwer. Wobei ein zweiter Faktor im Pairing noch stärker zu berücksichtigen ist als die Röstung, nämlich die Säure des Kaffees.

Sie besteht aus einem komplexen Mix, in dem vor allem die Chlorogensäure ein spezifisches Element des Kaffees darstellt. Diese nimmt mit Dauer der Röstung ab. Schon hier erkennt man, dass es beim zigarren-freundlichen Kaffee um einen Kompromiss, eine ausbalancierte Menge von Säure und Röstbitterkeit, geht. Die hellere Röstung, wie sie für Filterkaffeemaschinen angeboten wird, weist nicht nur mehr Säure auf, es wird durch die langsame Zubereitung auch mehr davon ausgelaugt. Nicht ideal!

Der Espresso verdankt seinen Namen der schnellen Zubereitung, er nimmt durch sie auch weniger von dieser Säure auf – speziell bei dunklen Röstungen. Doch diese sind auch „gefährlich“ für das Zigarrenpairing. Lässt man daher den Purismus eines Baristas beiseite, dann „muss“ man eine klare Empfehlung für gezuckerten Espresso aussprechen: Süße schmeichelt den herben Zigarren-Noten ebenso wie sie die Bitterkeit eines Kaffees abmildert.

Nuss-Marzipan für die Robustos

Parallel lohnt sich für Aficionados die Frage an den Röster des Vertrauens, welche säurearmen, jedoch körperreichen Kaffees er im Angebot hat. Ein Idealbeispiel dafür wäre der aus Sumatra stammende „Orang Utan Mekar Indah“, den die aus Wien stammenden Eigentümer der Berliner „Kaffeemanufaktur Andraschko“ anbieten. Zu einer Robusto aus Estelí (etwa „Padrón Classic No. 2000“ oder „Perdomo Double Aged 12 Year“) läuft dieser asiatische Arabica zur Höchstform auf. Die Nuss- und Mandelnoten gewähren eine leichte Marzipansüße, während ein salziger Unterton dieses Kaffees gut zu den würzigen Zigarren aus Nicaragua passt.

Ein nachgerade klassischer Zigarrenpartner ist auch kubanischer Kaffee aus dem weltbekannten Tabak-Anbaugebiet Vuelta Abajo, wie ihn etwa die Rösterei „Alt Wien“ führt. Es handelt sich um einen reinsortigen Robusta, der nach Schokopudding und Zedernholz schmeckt. Vor allem die ölige Crema dieses Espressos erinnert an Top-Zigarren-Deckblätter, doch sei eine Warnung angebracht: Robusta erhöht durch das – gegenüber Arabica-Kaffees – höhere Koffein auch die Magensäure. Wer damit kein Problem hat, wird einen echten Zigarrenfreund zu Formaten wie der Partagás D 4 finden, der ebenfalls „hecho en Cuba“ ist.

Doch Vorsicht! Die hier (und auch sonst oft) stimmige Regel, dass das gut zusammenpasst, was auch zusammen wächst, gilt bei Kaffee und Tabak nicht immer. So haben einige mittelamerikanische Anbauländer in punkto Kaffee den Ruf, besonders hohe Zitronensäure-Gehalte aufzuweisen. Zur beliebten „The Leaf“ von Oscar Valladares wäre ein Arabica aus Costa Rica eine bessere Wahl als der Kaffee-Nachbar des Tabaks aus Honduras. Hier ist die Balance aller Aromen gut wie bei der Zigarre mit der markanten Tabakblatt-Umwickelung. Ebenso optimal eignet sich ein solcher „Single Origin“-Kaffee zu mittelkräftigen Formaten aus der Dominikanischen Republik. 

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Top zur Zigarre: Der österreichische Eiskaffee

Lassen wir ihn doch kalt werden!

Apropos kräftig: Milch zum Abrunden geschmacklicher Kanten im Kaffee ist generell nicht zu empfehlen, wenn dazu geraucht wird. Denn eine Melange oder ein Caffè Latte erzeugen einen leichten Fettfilm auf den Geschmacksknospen. Schwindet dieser nach einiger Zeit, wirkt die Zigarre plötzlich doppelt bitter. Dennoch lassen sich mit einem einfachen Trick belastbare Brücken für die Harmonie bauen. Wer mit zu viel Gerbstoff beim Kaffee-Zigarren-Pairing seine Probleme hat, muss nur die Zubereitungsart wechseln – vom Espresso auf einen per „Slow Drip“ zubereiteten Kaffee. Wie beim Filterkaffee läuft dabei Wasser durch das Kaffeemehl („Perkolation“ nennt das der Profi), allerdings eiskaltes und das sehr langsam. Mitunter dauert die Zubereitung Stunden, doch dafür werden nur die zartesten Aromen und wenig Bitterstoffe gelöst. 

Haushaltsübliche „Cold Drip“-Geräte gibt es ab ca. 90 Euro, Spezialist dafür ist die japanische Firma Hario. Für Kaffee- und Zigarrenfreunde lohnt sich diese Investition allemal. Denn nimmt man für dieses Verfahren den richtigen Herkunftskaffee, entsteht beinahe eine eigene Getränkekategorie. Ideal wären die fruchtigsten Varianten aus Äthiopien, im Idealfall als traditionell in der Sonne getrockneter („natural“) Kaffee mit leichter Röstung („light roast“) gekauft. Dann bringt z. B. ein Yirgacheffe eine an Heidelbeere erinnernde kühle Beerenfrucht mit, die zu allen sanften und leicht nach Vanille schmeckenden Zigarren nahezu unschlagbar ist. Es ist kein Alkohol im Spiel, auch kein Gerbstoff, Fruchtigkeit ersetzt die Süße und ergänzt die Bitternoten im Rauch – so kann man auch mehr davon trinken. Zumal ein solcher „Cold Brew“ nicht auskühlen kann. Schluck für Schluck wird man hier entlang der drei Genuss-Drittel der Zigarre neue Facetten entdecken! 

Und wenn es schon kalter Kaffee sein darf, sollte man auf eine genuin österreichische Spezialität nicht vergessen: Der gerührte Eiskaffee sorgt mit leichter Süße und Vanille-Noten vor allem im Sommer für ein „perfect match“. Und er zeigt, dass die österreichische Kaffeekultur auch zur Zigarre eine spezielle Liga darstellt.